Es waren die 80er, Twixx hiess noch Raider, Schulterpolster waren cool und die Vanilla Jeans hatte Lederstreifen an der Seite – warum auch immer. In dieser Zeit hatte ich das Glück in Lendringsen aufwachsen zu dürfen, ich kann mir heute nichts Besseres vorstellen. Grundschüler auf der Josefschule, Weltspartag brachte man seine Spardose zur Genossenschaftsbank, das Konsum war direkt daneben, zog aber irgendwann um und wurde Coop – unser Omma sagte aber natürlich weiterhin Konsum. Über dem Coop fand sich das Rollerland, dort konnte man prima mit seinen neongelben Rollerskates fahren. Für die jüngeren unter uns: Rollerskates sind wie Inlineskates – nur in anders.
Die beste Currywurst gab es in der Schlemmerecke, die beste Frikadelle-Spezial bei Schutzeichel und die besten Hähnchen im Mühlengrill. Seine Micky Maus hat man sich als Kind bei Breunig oder Krollmann geholt, je nachdem auf welcher Seite der Hauptstr. man sich gerade befand. Gleiches galt für das Spielzeug – Bärwind oder Koppenrath, je nachdem wo man gerade war.
Keine Kompromisse gab es beim Backwerk, vor allen Dingen wenn die nette Bäckerstochter in der eigenen Klasse war und einen mit warmen Apfeltaschen versorgte. Seinen ersten Ausweis bekam man im Bürgerbüro am Lendringser Platz, dort befand sich auch die Bücherei und die heutige Büchereileiterin kann sich immer noch an den fülligen Jungen erinnern, der dort kiloweise seine drei ??? Bücher und Comics raustrug. Auf dem Rückweg schaute man noch beim Dorfsheriff Weber vorbei, auch im selben Gebäude ansässig. Eine großartige Persönlichkeit auf die ich damals wie heute aufblicke. Wenn man in Lendringsen starb, dann wurde man von Kämmerling abgeholt und nach der Beerdigung gab es Kaffee, Kuchen und Schnittchen bei Molitor.
Nach der Schule konnte man sich aussuchen in welches Freibad man mit seinem BMX-Rad fuhr, Biebertal oder Arche? Egal, beide hatten ihren eigenen Reiz. Das BMX Rad war natürlich von Braukmann, woher auch sonst?
Und heute? Heute gibt es keine Bücherei und auch kein Bürgerbüro mehr in Lendringsen. Es gibt auch keine Freibäder mehr. Weiterführende Schule wurden im größten Ortsteil abgeschafft. Wie ich persönlich finde eine der größten politischen Fehlentscheidungen der letzten Jahre.
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“
Diese Erkenntnis hat die SPD Menden in einem Antrag münden lassen, der besagt, dass Mendens größter Ortsteil, am bisherigen Schulzentrum in Lendringsen, wieder eine weiterführende Schule (Dependance) bekommen soll. Nicht nur das, auch die völlige marode Hallensituation soll geklärt werden – am Standort Schulzentrum. Zu Recht wehren sich schon jetzt die Bürgerinnen und Bürger ,mit ihren jungen Familien, gegen eine Sporthalle mitten im Wohngebiet in der Nähe des Sportplatzes. Steigende Schülerzahlen und das -unnötige- Hin- und Herfahren der Lendringser Schüler nach Menden und der Mendener Schüler nach Lendringsen zum Schulsport untermauern diesen Antrag mit Zahlen und Fakten. Eigentlich soll dieser Antrag im nächsten Schulausschuss beraten werden. Eigentlich.
In einem beispiellosen Vorgehen entschieden sich nämlich CDU, FDP und Grüne dafür -entgegen der üblichen Gepflogenheiten- den Antrag nicht an den Zuständigen Schulausschuss zu verweisen, sondern direkt abzulehnen. Ohne Beratung. Nochmal: Ohne Beratung.
Fehler, wenn man sie denn erkennt, kann man korrigieren. Lendringsen, mein Lendringsen, hat in den letzten Jahren viel zu viel geblutet. Es ist höchste Zeit und eigentlich überfällig Mendens größten Ortsteil wieder zu stärken.
Um gemachte Fehler zu korrigieren braucht man aber Rückgrat und Anstand. Manchem fehlt das eine, manchem das andere, manchem sogar beides. Damit ist derzeit die allerletzte Chance vertan, damit Lendringsen wieder die verdiente weiterführende Schule bekommt. Still und heimlich, ohne Beratung – unter Federführung des Schulausschussvorsitzenden (CDU).
Apropos CDU – fragen Sie sich ruhig mal was die CDU in den letzten Jahrzehnten für unser Lendringsen getan hat bzw. was Lendringsen genommen wurde. Und fragen Sie sich ruhig wer seit Jahrzehnten für die CDU in Lendringsen antritt und wer im nächsten Jahr wieder antreten wird. Dies gilt übrigens nicht nur für Lendringsen, sondern für viele Stadtteile.
Die SPD wird im nächsten Jahr mit einem jungen Team antreten. Menschen, die mitten im Leben stehen. Menschen, die selbst (kleine) Kinder haben und um die mangelhafte Versorgung mit Kita- und Schulplätzen wissen. Menschen, die gerade selbst neu gebaut haben. Menschen, die aktiv Lendringsen und Menden gestalten wollen. Menschen, die nicht die Asche bewahren wollen, sondern die Flamme auch ihren Kindern weitergeben wollen.
In diesem Sinne möchte ich Sie ermutigen laut zu sein. Laut für Ihren Stadtteil. Laut für Lendringsen.
Mirko Kruschinski
Ortsvereinsvorsitzender